Glossar

Glossar zu narrativen Methoden
Das Glossar erläutert Begriffe, die auf diesen Seiten vorkommen und solche, die im Kontext narrative Methoden in Unternehmen relevant sind. Das Glossar wird ständig erweitert; Vorschläge für die Aufnahme neuer Begriffe nehmen wir gerne entgegen.

Analogie
Analogien, oft in Form von Comics oder Märchen gefasst, bedienen sich der Fiktion als Möglichkeit, Distanz zur Realität zu schaffen, um dadurch eine – im besten Falle – reflexive, kritische Auseinandersetzung mit ihr zu ermöglichen.

Erfahrungsgeschichte
Der Begriff „Erfahrungsgeschichte“ bedeutet im weiteren Sinne, über die eigenen Erfahrungen zu erzählen und damit dem Zuhörer die Chance zu geben, von dem Erfahrungswissen des Erzählers zu lernen. Im engeren Sinne bezeichnet eine Erfahrungsgeschichte ein Dokument, in dem eine Organisation ihre eigene Geschichte zu zentralen Ereignissen erzählt. Sie ist zweispaltig aufgebaut und enthält zum einen die von einzelnen Personen berichteten Erfahrungen und zum anderen Anmerkungen sowie Reflexions- und Kontexthinweise von Kommentatoren.

Learning History Methode
Die Learning History-Methode ist eine Ende der 90er Jahre von Wissenschaftlern (M.I.T, Harvard) und Managern (u. a. Shell, Phillips, Motorola, Hewlett-Packard) entwickelte narrative Methode, die beteiligte Mitarbeiter über für das Unternehmen essentielle Projekte / Abläufe / Ereignisse erzählen lässt. Durch die Sammlung verschiedener Sichtweisen werden auch implizite Zusammenhänge deutlich, die in einer provokanten Erfahrungsgeschichte (Learning History) zusammengefasst werden. Diese wird in Workshops mit Beteiligten und anderen Organisationsmitgliedern reflektiert. Die Learning History-Methode ist durch eine Planungsphase, eine Interview-, eine Extrahierungs-, eine Schreib-, eine Validierungs- und eine Verbreitungsphase gekennzeichnet.

Implizites Wissen
Implizites Wissen ist Wissen, das nach dem Urvater des Begriffes, Polanyi (1969; 1985), nicht verbalisierbar ist oder aber noch nicht verbalisiert wurde. Daher kann implizites Wissen nur schwer dokumentiert werden. Der Begriff bezeichnet Erfahrungswissen, das im Handeln erworben wurde, aber auch Werte, Einstellungen und Normen, die in der Unternehmenskultur verankert sind.

Narrative Interviews
Narrative Interviews (begründet von F. Schütze, 1983) erfassen Erzählungen verschiedener Mitarbeiter. Sie zeichnen sich durch eine offene Gesprächsführung und aktives Zuhören aus, so dass der Erzähler viel Raum für eine eigene Narration erhält. Auf diese Weise schaffen narrative Interviews ein vielschichtiges, multiperspektivisches Gesamtbild, das den verschiedensten Einstellungen, Erfahrungen, und Motivationen der Einzelnen Akteure und ihrer Interdependenz Rechnung trägt.

Narrative Markenführung
Narrative Markenführung geht davon aus, dass Marken in ihrem Kern in Geschichten bestehen, die über Produkte oder Unternehmen erzählt werden. Das konsequenteste Modell der narrativen Markenführung ist das „Semiotisch-narrative Markenmanagement (SNM)“.

Neuromarketing
Neuromarketing wird seit einigen Jahren eine methodische Ausrichtung des Marketing genannt, die Erkenntnisse der modernen Gehirnforschung für Marketing und Marketing-Kommunikation nutzbar machen. Von Vertretern des Neuromarketing wird häufig die Bedeutung von Geschichten im Marketing betont, da diese verschiedene Gehirnregionen gleichzeitig ansprechen.

Qualitative Methoden
Qualitative Methoden der Forschung und Datenerhebung gewinnen im Gegensatz zu -> quantitativen Methoden nicht nur rein quantitative, sich in numerischen Werten ausdrückbare Daten, sondern inhaltlich-semantische. Der Begriff der qualitativen Forschungsmethode ist ein Sammelbegriff, der sehr unterschiedliche Methoden umfasst, wie sie in Sozialwissenschaften und Psychologie angewendet werden. Die Storytelling-Analyse ist ein qualitatives Verfahren, das Daten über komplexe Zusammenhänge eines Sozialsystems (z. B. eines Unternehmens) auf der Basis von authentischen Erzählungen gewinnt.

Quantitative Methoden
Quantitative Methoden gewinnen im Kontext der Befragungs- und Datenerhebungsmethoden nur Daten in Form von rein numerischen Werten; sie drücken sich etwa in Prozentzahlen (z. B. der Zustimmung zu der Politik einer Partei), absolute oder relative Zugehörigkeiten (zu sozialen Subsystemen) aus.

Simulationsspiele
Simulationsspiele transportieren die Werte und Normen der Unternehmenskultur in eine virtuelle Welt, in der eine aktive Auseinandersetzung mit jenen Werten auf einer spielerische Art und Weise (also ohne Konsequenzen) möglich ist. Die Mitarbeiter werden zu Spielern, die bestimmte Aufgaben lösen sollen, die in engem Zusammenhang mit den zu vermittelnden Wertesystemen stehen.

Springboard-Stories
Springboard-Stories sind Geschichten, die in Unternehmen oder Organisationen erzählt werden, um Motivation und Engagement für bestimmte Projekte oder Handlungsweisen auszulösen: sie dienen gewissermaßen als Sprungbrett in ein Projekt. Der Begriff stammt von Steve Denning, einem früheren Weltbank-Manager, der diese Art von Geschichten in seinem früheren Arbeitsfeld einsetzte.

Story-Spreading
Story-Spreading ist eine narrative Methode im Marketing, die darauf beruht, durch das virale Streuen von Geschichten Marken-Communities mit hoher Markenbindung zu erzeugen.

Storytelling-Analyse
Die Storytelling-Analyse ist eine Analysemethode auf der Basis von Erzählungen, die sowohl im Change-Management, im Wissensmanagement als auch in der Markt- und Motivforschung eingesetzt wird. Die Storytelling-Analyse der gelebten Unternehmenskultur mit ihren verborgenen Spielregeln und Werten bringt die erforderliche genaue Kenntnis der gelebten Kultur, die vor jedem Change-Prozess stehen sollte. In der Marktforschung können durch die Storytelling-Analyse tiefe Einsichten in die Denk- und Handlungsmuster von Konsumenten und Zielgruppen gewonnen werden. Die Storytelling-Analyse ist eine -> qualitative Methode der Datengewinnung.

Struktur-analytische Interpretation (SAI)
Die struktur-analytische Interpretation (SAI) ist ein Analyseverfahren für narrative Texte, das auf der Basis der strukturalen Textanalyse nach Titzmann und der modernen Semiotik entwickelt wurde. Durch eine Analyse mit SAI können auch unter der Oberfläche liegende, verborgene Bedeutungen von Erzählungen bzw. narrativen Interviews extrahiert und nutzbar gemacht werden.

Verbreitungs-Workshop
Am Ende der mehrphasigen -> Learning History-Methode steht der Verbreitungs-Workshop, in dem die Erzählungen der Mitarbeiter gemeinsam reflektiert werden. Das Erfahrungsdokument (-> Erfahrungsgeschichte) dient als gemeinsamer Startpunkt für Diskussionen und Austausch über in Projekten gesammeltes Erfahrungswissen oder über Verhaltensansätze sowie (kritische) Einstellungen in Veränderungsprozessen. Verborgenes wird in Worte gekleidet und thematisiert – ein erster Schritt für Veränderung ist damit gemacht.